Freitag, 31. Mai 2013

Von der emotionalen Multitaskingfähigkeit.


Ein kleines Lebenszeichen aus Kamerun macht sich heute wieder einmal auf die Socken- in Motivationskooperation mit einem luetten väterlichen Wink mit dem Zaunpfahl (‚Sach mal, Grode, so een Blogintrach, der macht ja nu doch wat her, nech. Und denn sitzen wir ock immer bisammen und schmökern mit den Bagaluten mit ohne Internet und dat is echt nich tumpig’- Jo, geht los, Vaddern:))
An dieser Stelle: Ganz besonders liebe Grueße an euch, ihr Lieben!
Seit dem letzten Blogeintrag ist schon wieder einiges an Zeit und vor allem Neuheiten ins Land gezogen. Inzwischen sind es nur noch 2 Monate bis ich wieder in Deutschland auf der Matte stehe und die Zeit flitzt nach allen Regeln der Kunst.
Ich habe tatsächlich zwei Wochen in Kumbo in der Blindenschule (ISFB) geschafft, dabei in das Lehrerdasein reingeschnuppert und massig Erfahrungen gesammelt. Es war großartig zu sehen, wie unabhängig die Kinder ihren Alltag gedeichselt haben und wie sie inklusiv und mit Hilfe ihrer Mitschueler am normalen Schulleben teilnehmen konnten, nachdem sie Braille (Blindenschrift) gelernt hatten.
Um die Blindenschrift fuer nicht geschulte Lehrer von Punkten im Papier in Lesbares zu wandeln, standen die ehemaligen ISFB- Schueler (nun Schueler der Primary School nebenan) regelmäßig im Resource Centre (ISFB- Lehrraum), um ihr Schreiben ‚uebersetzen’ zu lassen. Und da dieses Uebersetzen im Schulalltag allgegenwärtig ist, habe auch ich mich ran gemacht die Grundlagen von Braille zu pauken- schon mords spannend.
Nachmittags ging das muntere Lernen dann täglich weiter. Mit Hilfe eines der entspanntesten Menschen, mit denen ich je Zeit verbracht habe, schnupperte ich in die Welt der Schnitzerei rein. Holz, Schnitzmesser und Reggae- die pure Wonne!
Nach einer schon recht prächtigen Zeit in Kumbo, stolperte ich direkt zurueck in den nicht allzu spektakulären Arbeitsalltag im SEEPD- Office.
Dafuer maximierte unser Freizeitleben den allgemeinen Turbulenzenfaktor ein wenig.
Die Mama eines guten Freundes starb, nachdem sie lange krank gewesen war. Wir besuchten sie täglich im Krankenhaus und fuhren auch zu ihrer Beerdigung ins Village.
Obwohl Todesfälle hier sehr viel alltäglicher sind als in Deutschland, war es das erste Mal, dass ich eine persönliche Bindung zu einem Verstorbenen hatte und das machte es nicht ganz einfach.
Hier in Kamerun ist es außerdem so, dass der Tod von Verwandten nicht ‚nur’ eine emotionale Belastung ist, sondern auch an existentiellen Grundlagen gräbt.
In der Familie meines Freundes zum Beispiel starb innerhalb von kurzer Zeit sein biologischer Vater, sein Stiefvater (gleichzeitig Hauptversorger der Familie) und seine Mutter.
Um den daraus resultierenden emotionalen Balast einmal außen vor zu lassen- finanziell sind dieser Familie alle wichtigen Unterstuetzungen weggebrochen, denn in diesem Land fallen staatliche Hilfestellungen völlig weg.
Wenn ein Kameruner also ein gutes Einkommen hat, dann kann man sich recht sicher sein, dass er damit auch einer großen Anzahl Menschen (nicht nur nahe Verwandte) zu Bildung und Ernährung verhilft.
Die Rolle der Familie in Kamerun ist durch und durch beeindruckend.
Inzwischen pendelt das Leben wieder in weniger rasanten Bahnen. Wir gönnten uns ein Kribi- Wochenende (Sonne, Strand, Meer und wundervolle Gesellschaft), feierten Birtes Geburtstag in mehreren angenehmen Etappen allgemeinen Beisammenseins (Huhnschlachten und maximale Kapazitätennutzung unserers Wohnzimmers inkl.) und ansonsten wird einfach der kamerunische Alltag intensiv genossen.
Dementsprechend zanken sich zwei recht unterschiedliche Gefuehle, wenn ich an das näherrueckende Heimkommen denke.
Einerseits werde ich mein Leben hier schon recht vermissen, andererseits freue ich mich ziemlich beachtlich eine ganze Menge großartiger Bagaluten wiederzusehen.
Emotionale Multitaskingfähigkeit vom Feinsten.:)
Die restliche Zeit wird trotzdem noch tiefengenossen und die Vorfreude auf euch in weiterhin schwindelnde Höhen geschraubt.
Habt das gut.
Moin Moin!